«Abwasser ist die zuverlässigste Wasserquelle in der Stadt.»

Auch in der Schweiz wird Wasser aufgrund der Erderwärmung knapper. Ein Lösungsansatz zum Gegensteuern ist die Aufbereitung von Abwasser. Dabei gewinnen dezentrale Systeme, die das Brauchwasser direkt am Ort des Entstehens reinigen, mehr und mehr an Bedeutung. Die Vuna GmbH entwickelt, plant und baut seit 2016 solche Lösungen. Geschäftsführer Bastian Etter erzählt im Interview über Abwasser als Wasserquelle und Lieferant für wertvolle Nährstoffe.
 

Bastian Etter, welche Vuna-Lösungen sind derzeit besonders gefragt und was sind die Gründe dafür?
Bastian Etter: Mehrere Lösungen werden stark nachgefragt, zum Beispiel unsere Anlage, die den Dünger Aurin aus Urin produziert, Trockentoiletten, die ohne Wasser auskommen, oder Pflanzenfilter, die Grauwasser aufbereiten, das wir anschliessend wiederverwenden können. Jede dieser Technologien schliesst Kreisläufe und gewinnt wertvolle Ressourcen zurück. Deshalb ist die Nachfrage so gross – unsere Kund*innen wollen Antworten auf die aktuelle Wasser- oder Düngerknappheit oder ganz einfach in eine nachhaltigere Zukunft investieren.

Was ist der Stand der Technik im Bereich dezentrale (Ab-)wasseraufbereitung? Welches sind die derzeit wichtigsten Innovationen und wo siehst du weiteres Potenzial?
Bastian Etter: Die Technik ist vorhanden, das Potenzial ist bei Weitem noch nicht ausgeschöpft. Wir könnten viel mehr dezentral aufbereiten als heute und damit anfangen, Wasser und Wertstoffe zurückzugewinnen. Besonders interessant ist zum Beispiel, gereinigtes Abwasser zur Bewässerung einzusetzen. Wenn wir unsere Städte begrünen wollen, um etwas gegen urbane Hitzeinseln zu unternehmen, brauchen wir viel Wasser. Bei Regenwasser ist das Problem, dass es immer dann anfällt, wenn wir es nicht zum Bewässern brauchen. Abwasser fällt immer an und ist damit die zuverlässigste Wasserquelle in der Stadt.
Innovationspotenzial sehe ich noch bei der Urinaufbereitung: Unsere Anlage, die Aurin-Dünger produziert, eignet sich für Gebäude ab 500 Personen. Für alle kleineren Gebäude suchen wir noch nach einer Lösung, um effizient und einfach Dünger aus Urin zu produzieren.

Wenn du auf die vergangenen ein, zwei Jahre zurückblickst: Welche waren eure spannendsten Projekte?
Bastian Etter: Wir haben das Privileg, nur auf spannenden Projekten arbeiten zu dürfen. Unser Team liebt Herausforderungen, und jedes Projekt ist eine Weiterentwicklung bestehender Technologien. Es braucht aber auch einen langen Atem: Bis wir die nötigen Bewilligungen haben und das Projekt fertig umgesetzt ist, vergehen oft Jahre. Spannend ist es deshalb insbesondere, wenn wir sowohl die Behörden als auch die Benutzer*innen von unseren Technologien überzeugen können. Häufig ist schon allein der Transport zur Baustelle höchst interessant. Wir haben schon per Ski, Schiff, Velo, Helikopter, Eisenbahn, Seilbahn und gelegentlich auch per Auto Material transportiert. 
 

«Wir könnten viel mehr dezentral aufbereiten, um Wasser und Wertstoffe zurückzugewinnen.»

Bastian Etter

Geschäftsführer von Vuna Gmbh

LinkedIn

Welches Projekt würdest du gerne realisieren?
Bastian Etter: Ich möchte eine wasserlose Zugtoilette entwickeln. Einerseits, weil ich die Eisenbahn als das effizienteste motorisierte Verkehrsmittel sehr schätze, und andererseits, weil die Anforderungen an eine Zugtoilette besonders hoch sind: Alles muss auf kleinstem Raum Platz haben, ständigen Erschütterungen standhalten und mit geringstem Unterhalt permanent einwandfrei funktionieren.

Welche Kooperationspartner*innen sind besonders wichtig für euch?
Bastian Etter: Unsere Arbeit basiert auf Kooperationen. Als kleine Firma sind wir darauf angewiesen, mit diversen Partner*innen zusammenzuarbeiten. Besonders wichtig sind Behörden, die unsere manchmal ausgefallenen Projekte bewilligen, oder Baufirmen, die mitdenken und kreative Lösungen bringen, und schlussendlich auch die Bauherr*innen, welche die Innovation und die Entwicklung mit unterstützen.

Hast du eine «Wasser-Vision»? Wie sollte unser Umgang mit Wasser idealerweise aussehen? Wie kommen wir dahin?
Bastian Etter: Wir brauchen kreative Lösungen. Dazu müssen wir in Kreisläufen denken: nicht nur beim Wasser selbst, sondern auch bei den Ideen. Innovation ist auch ein Kreislauf, bei dem man laufend alte Ideen «rezykliert» und verbessert – und ganz bestimmt Verstaubtes überholt.

Was wünschst du dir von der Politik?
Bastian Etter: Eine klare Ausrichtung auf Kreisläufe. Zurzeit berät das Parlament gerade eine neue Version des Umweltschutzgesetzes und ist daran, das Konzept der Kreisläufe auch auf Nährstoffe und Wasser auszuweiten. Natürlich ist noch nichts definitiv beschlossen, und somit wünsche ich mir, dass das Parlament diese Gelegenheit ergreift und klar vorgibt, dass wir Kreisläufe schliessen müssen. In Zukunft muss auch noch das Gewässerschutzgesetz angepasst werden, damit uns das Gesetz nicht mehr das lineare System als Standard vorschreibt.

Und was wünschst du dir von der Gesellschaft?
Bastian Etter: Wir müssen jetzt umdenken und an vielen Baustellen gleichzeitig arbeiten. Schlussendlich kommen wir nicht darum herum, einfach weniger zu konsumieren, damit unser Planet auch in Zukunft noch lebenswert bleibt. Da sind wir alle gefragt, besonders die «reicheren» Länder, die anteilmässig mehr Ressourcen verbrauchen und die Umwelt ungleich stärker belasten.

Herzlichen Dank, Bastian, für die Einblicke in eure Arbeit!

Über Vuna

Die Vuna GmbH mit Sitz in Dübendorf plant und baut Wasser- und Abwassersysteme der Zukunft und hat mit Aurin den ersten Urin-Dünger weltweit mit kompletter Zulassung für Blumen und Gemüse entwickelt. Das Unternehmen arbeitet in zahlreichen Kooperationen, zum Beispiel mit der eawag im Water Hub des modularen Forschungs- und Innovationsgebäudes (NEST) der Empa und der eawag. 

Lust auf mehr?

«Man muss zusammen die besten Lösungen entwerfen.»

Wir haben VaLoo-Geschäftsleiterin Louise Carpentier im Interview gefragt, warum die Zeit reif für Veränderungen ist, wenn es darum geht, eine kreislauffähige Sanitärversorgung in der Schweiz zu etablieren.

Zum Interview
...

«Eine rein pflanzliche Küche ist ein enormer Gamechanger.»

Interview mit Sophia Hoffmann, vegane Köchin, Buchautorin und Mitgründerin des Restaurants Happa in Berlin, darüber wie sich das Menü verändert, wenn man den Wasserverbrauch mit einberechnet, und was es braucht, um Nachhaltigkeit zu belohnen.

Zum Interview
...

Die Welt ist, was sie isst.

Unsere Ernährung, der Klimawandel und unser Umgang mit Wasser hängen zusammen. Und wir, die reicheren Industrienationen, müssen vorangehen und einen Weg zu einer klimafreundlichen Ernährung finden, die nicht Verzicht, sondern Gewinn für uns alle bedeutet. Ein Interview mit Wissenschaftsjournalist und Autor Mathias Plüss.

Zum Interview
...

Heute Idee, morgen Wirkung: das «Von 0 auf 100»-Coaching!

Du hast sie. Die alles verändernde Idee, die Lösung für unser Wasserproblem. Vielleicht. Ganz sicher bist du nicht? Dann bewirb dich jetzt für ein «Von 0 auf 100»-Coaching, das dich und deine Idee aufs nächste Level hebt.

Jetzt bewerben
...

«Wasser im (Klima-) Wandel: Lösungsansätze für den nachhaltigeren Umgang mit Wasser»

Überschwemmte Landstriche, Dörfer und Städte auf der einen, ausgetrocknete Felder und Flüsse auf der anderen Seite. Mit den Auswirkungen des Klimawandels gerät der Kreislauf des Wassers immer mehr aus dem Gleichgewicht. Was tun? 

Zum Artikel
...

«Wir müssen machbare und wirksame Handlungsmöglichkeiten für uns sehen.»

Interview mit Lea Dohm, Psychotherapeutin und Psychologists4Future-Mitbegründerin über die Herausforderungen der Klimakrise und wie wir ins Tun kommen können.

Zum Interview
...

«Wasser ist ein Fluss und kein Vorrat.»

Tobias Schäfer, Referent für Gewässerschutz beim WWF Deutschland spricht mit uns über die Wassersituation in der Schweiz und Deutschland, über Wasser als Kreislaufwirtschaft par excellence, über neue Ansätze – und die Hoffnung, die bleibt.

Zum Interview
...

So geht's im Juli weiter

Next Update

Tage
:
Stunden
:
Minuten
:
Sekunden