Wasser im (Klima-)Wandel: Lösungsansätze für den nachhaltigeren Umgang mit Wasser

Überschwemmte Landstriche, Dörfer und Städte auf der einen, ausgetrocknete Felder und Flüsse auf der anderen Seite. Mit den Auswirkungen des Klimawandels gerät der Kreislauf des Wassers immer mehr aus dem Gleichgewicht. Was tun?

 

Das Klima auf der Erde verändert sich immer schneller. Global war das Jahrzehnt 2011–2020 bereits 1,1 °C wärmer als der vorindustrielle Durchschnitt 1850–1900, so das Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz. Das globale Temperaturmittel ist heute so hoch wie noch nie in den vergangenen 2000 Jahren. Die Folgen: Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hagel, Stürme, Hitzewellen und Dürren nehmen weltweit zu, Eismassen schmelzen, der Meeresspiegel steigt, Meeresströmungen verändern sich und Ozeane versauern. Mit teils dramatischen Auswirkungen für Menschen, Tiere, Ökosysteme und die Wirtschaft. 
 

Die Schweiz erwärmt sich doppelt so stark wie der globale Durchschnitt
Laut MeteoSchweiz war die vergangene Dekade (2013–2022) in der Schweiz 2,5 °C wärmer als im Durchschnitt der Jahre 1871–1900. Damit ist die Erwärmung in der Schweiz heute mehr als doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt. Einer der Gründe: Die Schweiz liegt nicht am Meer. Während Ozeane einen Grossteil der zusätzlichen Wärme aufnehmen, können Landmassen sie schlechter speichern. Zudem nimmt die Erwärmung auf der Nordhalbkugel gegen den Pol zu. Die Auswirkungen sind längst spürbar: So litten laut MeteoNews AG durch die Trockenheit im Sommer 2022 viele Kulturen, und die Futterernte für den Winter kam praktisch zum Erliegen. Regional – vor allem im Genfer Becken, entlang des Juras sowie im Waadtländer Jura und im Tessin – herrschte akuter Wassermangel. Der Pegel des Luganersees war so tief wie nie. Auch die Wasserstände der Flüsse waren sehr niedrig, und die Wassertemperaturen erreichten für Fische problematische Rekordwerte.

 

Schweizer Temperatur seit 1864. Jedes Jahr hat eine andere Farbe. In rot codierte Jahre sind wärmer, blaue kälter als der Durchschnitt der Jahre 1961-1990. (Quelle: MeteoSchweiz) 

Wasser – wertvoll wie nie

Der Klimawandel bringt den Kreislauf des Wassers aus dem Gleichgewicht. Weltweit. Dass wir gegensteuern müssen, liegt auf der Hand. Doch wie schaffen wir das? Lösungsansätze liefert die neue Global Commission on the Economics of Water im ersten Weltwasserbericht, den sie am 17. März dieses Jahres – wenige Tage vor der UN-Wasserkonferenz in New York – vorgestellt hat. Im ersten Schritt gälte es, den globalen Wasserkreislauf als globales Gemeingut zu gestalten, das gemeinsam und im Interesse aller geschützt werden muss. «Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit können wir nicht mehr auf den Niederschlag – die Quelle allen Süsswassers – zählen», erklärt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung und Co-Vorsitzender der Kommission. «Wir verändern den gesamten globalen Wasserkreislauf.»


Es geht nur gemeinsam

Die aktuellen, weitgehend lokalen Ansätze des Wassermanagements verkennen, dass Länder miteinander verbunden und voneinander abhängig sind. Die Kommission sieht eine stärkere Vernetzung auf regionaler, nationaler und globaler Ebene im laufenden Jahrzehnt als wesentliche Massnahme. Sie schlägt einen ergebnisorientierten Ansatz vor, der die vielen Rollen widerspiegelt, die Wasser für das menschliche Wohlergehen spielt und sämtliche Akteure mobilisiert. «Wir brauchen ein neues wirtschaftliches Denken, um von einer reaktiven Fixierung zur proaktiven Gestaltung nachhaltiger Volkswirtschaften zu gelangen», sagt Mariana Mazzucato, Professorin für Innovationsökonomie und Public Value am University College London und Co-Vorsitzende der Kommission. 

Gemeinsam sollen Unternehmen, öffentliche Hand und andere Akteure vorhandene Möglichkeiten ausschöpfen. Dazu zählen: 
 

  • Ausbau von Süsswasserspeichersystemen
  • Bessere Instandhaltung von Wasserleitungen, um Verluste durch Lecks zu verhindern
  • Entwicklung der städtischen Kreislaufwirtschaft (insbesondere durch das Recycling von Industrie- und kommunalem Abwasser)
  • Verringerung des Wasserfussabdrucks in der Fertigung
  • Umstellung der Landwirtschaft auf Präzisionsbewässerung
  • Weniger wasserintensive Kulturen und mehr dürreresistente Landwirtschaft
  • Abbau von Subventionen für die Landwirtschaft, die zu übermässigem Wasserverbrauch führen

 

«Radikale Zusammenarbeit»

Gemeinsam handeln gegen die globale Wasserkrise: Das ist auch das Ziel des während des Eröffnungstags der UN-Wasserkonferenz gestarteten «Open Call for Accelerating Water Action». Der Aufruf steht unter der Leitung des CEO Water Mandate, einer Partnerschaft zwischen dem UN Global Compact und dem Pacific Institute zur Förderung des verantwortungsvollen Umgangs mit Wasser in Unternehmen. Mehr als 50 der weltweit grössten Unternehmen haben sich dem Aufruf während der Konferenz angeschlossen. Sie verpflichten sich, in ihren Betrieben und Lieferketten an der Verbesserung der Wasserressourcen zu arbeiten und sektorübergreifend zu kooperieren, um bis 2030 in mindestens 100 prioritären Wassereinzugsgebieten positive Auswirkungen zu erzielen. Jason Morrison, Präsident des Pacific Institute und Leiter des CEO Water Mandate: «Der Open Call mobilisiert den Unternehmenssektor auf eine entscheidende neue Art und Weise – durch radikale Zusammenarbeit.»

 

Zwei aktuelle Beispiele aus der Schweiz

Kooperieren, vernetzen, Wissen bündeln, Wissen teilen – darauf basiert auch die Arbeit der neuen Forschungsgruppe Hydrologie und Klimafolgen in Gebirgsregionen des Forschungszentrums CERC sowie das nationale Früherkennungssystem für Trockenheit, das der Bundesrat im Mai 2022 in Auftrag gegeben hat.

Die Forschungsgruppe Hydrologie und Klimafolgen quantifiziert das Gefahrenpotenzial und die Wasserverfügbarkeit in Bergregionen. Dazu zählt u.a. die Einschätzung von Klimaauswirkungen auf Wasser und von Klimaextremen in Bergregionen mit Schwerpunkt Alpen. Die Forscher:innen untersuchen z.B. positive Effekte von Speichern auf die Wasserknappheit und liefern Daten für die Entwicklung von Notfallplänen für Extremsituationen. 

Das nationale Früherkennungs- und Warnsystem für Trockenheit soll die Planung im Hinblick auf die Wasserverfügbarkeit erleichtern. Bis 2025 soll es für die gesamte Schweiz flächendeckend aktuelle Informationen und Vorhersagen liefern und auf diese Weise prophylaktische Massnahmen ermöglichen. Dabei geht es z.B. um die Bewässerung von landwirtschaftlichen Kulturen, die Planung zu Alternativen der Rheinschifffahrt oder darum, Fische vorsorglich in wasserreichere Flüsse oder Bäche zu bringen. 

 

Wir können alle etwas tun

Jetzt bist du gefragt! Kennst du spannende Initiativen gegen die Wasserkrise? Was sind deine Ideen, um den Wasserverbrauch – lokal, regional oder global – zu reduzieren? Arbeitest du selbst an einem Projekt, das andere inspirieren könnte? Wir freuen uns auf deine Rückmeldungen in unserer LinkedIn-Gruppe. Einfach einen Post in unserer «Pionier*innen Community» und Samira Lütscher darin erwähnen. 

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