«Eine rein pflanzliche Küche ist ein enormer Gamechanger.»

Warum unsere Ernährung Auswirkungen auf das Klima hat, vor allem auch mit Blick auf den Wasserverbrauch, hat uns in der letzten Woche Autor und Wissenschaftsjournalist Mathias Plüss erklärt. Heute sprechen wir mit Sophia Hoffmann, vegane Köchin, Buchautorin und Mitgründerin des Restaurants Happa in Berlin, wie sich das Menü verändert, wenn man den Wasserverbrauch mit einberechnet, und was es braucht, um Nachhaltigkeit zu belohnen. 

Sophia, der Fokus auf unserer Plattform liegt ja derzeit beim Thema Wasser. Muss sich das Kochen in der Gastronomie verändern, wenn man Wasser als eine zunehmend kostbare Ressource behandelt, mit der man vernünftig haushalten sollte?

Sophia Hoffmann: Wasser sparen beginnt schon ganz klar bei der Auswahl der Lebensmittel. Alleine eine rein pflanzliche Küche wie bei uns ist ein enormer Gamechanger. Deshalb ist die Reduktion tierischer Produkte in allen Küchen für mich ein absolutes Muss im Kampf gegen die Klimakatastrophe. 
Nehmen wir pflanzliche Milch als Beispiel: Um einen Liter Hafermilch zu erzeugen, werden 3 bis 4 Liter Wasser benötigt, für einen Liter Kuhmilch zwischen 100 und 400 Liter Wasser. Alle Lebensmittel, die «den Umweg über das Tier» machen, stellen eine enorme Ressourcenverschwendung dar, die wir uns einfach nicht mehr leisten können und müssen. So viele Produkte, die in der Gastronomie in grossen Mengen Einsatz finden, können ohne Abstriche im Geschmack pflanzlich hergestellt werden, wie etwa Mayonnaise auf der Basis von Soja oder Kichererbsen statt auf Eibasis. Die Gastronomie muss endlich ihre emotional motivierte Abneigung gegenüber rein pflanzlichen Produkten überwinden und sich auf die enormen Vorteile konzentrieren, denn ganz pragmatisch gesehen wird Wasser als Ressource immer knapper werden, und alleine mit der Auswahl der Lebensmittel können wir dem enorm entgegensteuern. Und dabei schmeckt es auch noch köstlich.

Du engagierst dich schon lange für vegane Low-Waste-Küche – was treibt dich an? Welchen Wandel wünschst du dir in der Gesellschaft und welche (unternehmerischen) Lösungen und neuen Ansätze brauchen wir in Bezug auf Ernährung und Gastronomie?

Sophia Hoffmann: Für mich ist es schon lange die normalste Sache der Welt, köstliche pflanzliche Küche an die Menschen zu bringen und sie ganz unmittelbar zu überzeugen, egal ob ich das mit meinen Kochbüchern, meinem Online-Kochkurs oder in meinem Restaurant umsetze. Ich glaube an die Macht der kleinen Schritte und sehe, was ich durch meine über 10-jährige Arbeit bewirken kann, egal ob in der öffentlichen Arbeit oder im privaten sozialen Umfeld. Nichtsdestotrotz engagiere ich mich auch aktivistisch, um auf politischer Ebene Veränderungen einzufordern. Wir brauchen stärkere Restriktionen, etwa im Bereich der Lebensmittelverschwendung im Einzelhandel, unternehmerische Eigenverantwortung ist hier nicht effizient genug, die Erde brennt. Zudem benötigen wir viel mehr positive Motivation auch von staatlicher Seite, um Unternehmen/Gastronomien nachhaltiger zu gestalten. Wir sollten eigentlich dafür gefördert werden, dass wir ein veganes Bio-Restaurant betreiben, stattdessen müssen wir für die (bürokratisch sehr mühsame) Zertifizierung bezahlen. Hier braucht es mehr Anreize für Unternehmen, umzudenken. 

«Wir brauchen positive Motivation, auch von staatlicher Seite, um Gastronomie nachhaltiger zu gestalten.»

Sophia Hoffmann, vegane Köchin und Buchautorin

Foto © Annabell Sievert-Erlinghagen

Sophia bei LinkedIn

Im letzten Jahr hast du gemeinsam mit Nina Petersen das Happa in Berlin eröffnet. Ein veganes Low-Waste-Restaurant im Jahr 2023 – was bedeutet das konkret in Bezug auf Nachhaltigkeit? 

Sophia Hoffmann: Wir versuchen in jedem Aspekt unseres Unternehmens so fair und nachhaltig wie möglich zu agieren. Das beginnt bei der Wahl einer ethischen Bank für den Unternehmenskredit, beim Öko-Stromanbieter, bei der Entscheidung, den Gasherd abzuschaffen, selbst bei der Wahl des Webhosts haben wir ein nachhaltiges Unternehmen gewählt. 

Wir sind biozertifiziert und arbeiten zudem mit dem Lebensmittellieferanten Querfeld, einem Gastrolieferservice, der gerettetes Obst und Gemüse in die Küchen bringt, das durch konventionelle Schemata fällt. Zudem setzen wir vor allem auf lokale Produzent*innen und Lieferant*innen wie etwa die Streuobstwiesenmanufaktur Ostmost, Bier vom Berliner Sozialunternehmen Quartiermeister oder Kaffee vom ruandischen Frauenkollektiv Angelique’s Finest. Wir machen uns zu allen Themen sehr viele Gedanken, und das gerne. 

Wir bieten To-go-Gerichte nur in Pfandbehältern an und vermeiden so Müll. Zudem bleibt in der Küche fast nichts übrig, da wir nach dem «Leaf to root»-Prinzip ganzheitlich verarbeiten, in unserem Lunch-Konzept mit wechselnder Wochenkarte viel Flexibilität haben und weil unsere Dinner mit Ticketvorverkauf viel Planungssicherheit bieten.

Unser Gesamtkonzept haben wir auch nach unseren eigenen Bedürfnissen gestaltet, Nina ist Mutter, und eine gute Work-Life-Balance ist uns sehr wichtig. So arbeiten wir von Montag bis Donnerstag klassisch von 9 bis 17 Uhr und nur einmal, maximal zweimal die Woche abends, am Wochenende haben wir zu. Wir zahlen unsere Mitarbeiterinnen über dem Mindestlohn, geben mehr Urlaubstage als gesetzlich vorgeschrieben und schaffen neben den attraktiven Arbeitszeiten ein angenehmes Arbeitsklima mit flachen Hierarchien und viel Spass bei der Arbeit, deshalb spüren wir auch nichts vom Fachkräftemangel, sondern bekommen von Anfang an Initialbewerbungen.

 

Danke für deine Zeit, Sophia!

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